Montag, 30. Juni 2014

Serienprotokoll (6/Juni 2014)




LILYHAMMER (Staffel 1 & 2)

Wenn ich so richtig faul wäre, würde ich euch an dieser Stelle einfach an diesen Text verweisen, denn Sonja hat diverse Punkte aufgeführt, die auch mir aufgefallen sind. Die norwegisch-amerikanische Koproduktion für Netflix, Lilyhammer, ist schlicht holprig. Aber zumindest die erste Staffel hat mich trotz aller weniger stimmigen Elemente gut unterhalten. Die Serie über einen im norwegischen Lillehammer untergetauchten Mafiosi hat natürlich ihr Päckchen an Klischees zu tragen, aber ich war doch erstaunt, dass die meistens nicht sonderlich penetrant in den Vordergrund geschoben und dadurch unerträglich werden. Der „culture clash“ funktioniert im Großen und Ganzen recht gut, auch, weil man ihn selbstredend nicht allzu ernst nimmt. Da ich Die Sopranos (noch) nicht gesehen habe stören mich auch nicht die berichteten Ähnlichkeiten bzw. Verweise.
Nach einer insgesamt recht vergnüglichen ersten Staffel baut die Serie in der darauffolgenden Season aber merklich ab. Die Handlungen werden unkonzentrierter erzählt, es gibt kein umfassendes Gerüst mehr und es ist bemerkenswert, wie viele interessante Ansätze die Serie zeigt, nur um sie dann vollkommen zu vergessen (Torgeirs sexuelle Verwirrung oder die Beschäftigung mit der norwegischen Asylpolitik, um nur zwei Beispiele zu nennen). Das führt dazu, dass Lilyhammer im zweiten Jahr zwar immer noch diverse unterhaltsame Momente bietet, die Schwächen der Drehbücher und die Unentschlossenheit ihrer Autoren aber sehr viel deutlicher in den Vordergrund treten. Ich hoffe einfach, dass sich Lilyhammer mit der dritten Staffel wieder fängt, denn eigentlich sind die Eskapaden von Frank und seinen Spießgesellen doch eine konsequenzlos-unterhaltsame Angelegenheit. Nur tut man mir hoffentlich den Gefallen und lässt meinen Namensvetter Jan Johansen aus der Geschichte (das Ende der zweiten Staffel lässt hoffen) – es gibt wohl kaum eine Figur, die ich in letzter Zeit mehr im Fernsehen gehasst habe als diesen Widerling.

Staffel 1: 3/4
Staffel 2: 2/4


REAL HUMANS – ECHTE MENSCHEN (Staffel 1 & 2)

Der theoretische Teil meiner Bachelorarbeit trug den Titel More Human Than Human und handelte von der Mensch-Roboter-Beziehung im filmischen Kontext und bezog sich natürlich auch auf meinen Abschlussfilm. Umso erstaunlicher, dass ich jetzt erst die hochgelobte schwedische Serie Real Humans gesehen habe (obwohl sie mir auch schon vor über einem Jahr empfohlen wurde). Aber, meine Güte, hat sich das Warten gelohnt, denn so konnte ich dank ARTE gleich zwei Staffeln hintereinander ansehen und fiebere nun der dritten Season entgegen, die hoffentlich vom schwedischen Fernsehen grünes Licht bekommt. Wenn nicht, wäre das eine mittlere mediale Katastrophe, denn Real Humans ist eine clevere, involvierende, ungemein unterhaltsame Angelegenheit, die sehr von ihrer Unberechenbarkeit lebt. Man ist nie sicher, was den Charakteren als nächstes passiert, welche Wendungen die Narrative nimmt und welche Asse man aus dem Ärmel zaubert. Dabei stellt die Serie auf unaufdringliche Weise (ganz in Opposition beispielsweise zum plakativen Orphan Black aus dem letzten Monat) Fragen zur Mensch-Maschinen-Interaktion, wann ein künstlicher Organismus den Status „lebendig“ bekommen könnte, wo die Unterschiede verlaufen, was für ethische Zerwürfnisse dies mit sich bringt. Real Humans lässt dabei Interpretationsspielraum, beleuchtet bewusst nicht alle Grauzonen und entwickelt mit einfachen Mitteln eine überzeugende Parallelversion der Gegenwart, in der es dank der hochentwickelten Hubots eine eigene Jugendkultur, eine rechtskonservative Kritikerpartei, eine sexuelle Präferenz und allerlei mehr gibt, mit dem sich beide Parteien auseinandersetzten müssen. Real Humans ist dabei so stark, dass selbst Trash-Elemente wie der zum Darkman mutierte Jonas nicht seltsam wirken. Dem Serienschöpfer Lars Lundström ist ein überzeugender Kosmos gelungen, in dem man sich schnell heimisch fühlt. 

Staffel 1 & 2: 3.5/4


SHERLOCK (Staffel 3)

Sherlock muss ja teilweise ganz schön was einstecken, die Serie scheint unter einem ganz besonderen Brennglas begutachtet zu werden. Wahrscheinlich, weil die Prämisse und die handwerkliche Umsetzung so gut sind, dass jeder von Haaren in der Suppe irritiert ist. Ich muss aber zugeben: trotz aller berichtigter Kritik, die man auch an der dritten Staffel ins Feld führen kann (die ungenügende Einführung des neuen „Superschurken“ Magnussen wäre so ein Beispiel) hat mich Sherlock auch im dritten Anlauf voll überzeugt. Für niemanden ist es verwunderlicher als für mich selbst, dass mir die manchmal etwas unausgegorenen Kriminalfälle nicht so wichtig sind wie das Spiel von Benedict Cumberbatch und Martin Freeman. Ich schaue die Serie sehr viel mehr wegen der Charaktere und wie sie interagieren als dass mich die Auflösung des „Falls der Woche“ primär interessiert. Und so bin ich in der dritten Staffel voll auf meine Kosten gekommen, auch in der zweiten Folge, die ja als Paradebeispiel für einen verschenkten Krimi-Plot herhalten muss. Ich kann einer Serie, die offen die Existenz von Internet-Slash-Fan Fiction in die Handlung einbaut und deren Hauptdarsteller so verdammt gut aufgelegt sind, einfach nicht böse sein. Da müsste schon unverzeihlicheres kommen als es die dritte Staffel bietet. Und in meinen Augen ist Sherlock nicht auf dem absteigenden Ast.

3.5/4


WELTALL. ECHSE. MENSCH. (Staffel 1)

Michael Hatzius und seine Echse. Oder andersherum? Wenn man der vierteilige Show Weltall. Echse. Mensch. glauben darf ist Hatzius nur ein Geschwür am Rücken der Klappmaulfigur, die Echse zieht die Fäden und besucht so u.a. eine Tierarztpraxis und einen Swingerclub und empfängt in einem Studio in Berlin diverse Gäste. Der zweite Part funktioniert besser als in der WDR-Puppentalkshow Die Wiwaldi Show, weil die Echse das Konzept etwas ernster nimmt und trotz zwei Gästen in den 45-Minuten-Folgen alle ausreichend zu Wort kommen. Insgesamt ist die Show durchwachsen, manchmal durchaus komisch, manchmal platt, manchmal weniger schlagkräftig als man es sich wünschen würde. Die Echse ist eine gelungene Schöpfung und Hatzius gelingt es fast immer, vollkommen hinter seiner Figur zu verschwinden, sowohl körperlich wie auch darstellerisch. Die Show erfindet kein Rad neu, eignet sich aber als genügsamer Comedyhappen für zwischendurch.

2.5/4

Freitag, 6. Juni 2014

Notizzettel #006





Lucas Barwenczik und seinen Blog Kinomensch habe ich gerade erst entdeckt und bin jetzt schon begeistert. Vor allem sein Text zu Sinn und Unsinn, Nutzen und Nachteil der Filmkritik-Aggregatoren wie IMDB und Rotten Tomatoes ist ein Genuss: „Kunst kann nur im eingeschränkten Maße objektiv Bewertet werden. Es kann handwerkliche und technische Fehler geben, Teilaspekte eines Kunstwerks können sachlich analysiert werden. Aber in der Summe ist die Erfahrung des Rezipienten immer eine zutiefst subjektive. Die moderne Kunsttheorie geht soweit, dem Publikum die gleiche Macht bezüglich der Wirkung eines Films zuzuschreiben wie den Filmschaffenden. Kritikaggregatoren bilden diesen Umstand nicht ab. Unzugängliche, kontroverse oder künstlerisch ambitionierte Filme leiden unter den Aggregatoren. Sie bilden den Massengeschmack ab, und zementieren und kanonisieren ihn damit.“


Da habe ich im letzten Serienprotokoll noch gesagt, dass ich ein paar Probleme mit dem Männlichkeitsbild in Breaking Bad habe und dann bringt eine kurze Recherche den lesenswerten Text von Laura Hudson für Wired an den Tag. Besser hätte ich es auch nicht sagen können: „Masculinity in Breaking Bad is a brittle thing, one so terrified of weakness that any display of vulnerability must be punished, and any slight against another man’s power answered with violence – or else perceived as a weakness. We see it in the hyper-masculine culture of both the neo-Nazis and the drug cartel, where the air is always dripping with machismo and vengeance is considered an almost sacred duty. This model of manhood also requires control not only over your own life, but over the lives of others. Think about all of the most iconic moments of the show, the badass lines that made us want to pump our fists: “Say my name.” “I am the danger.” “I am the one who knocks.” “I won.” Every single time, it’s about dominance – not just about having power, but about taking power away from someone else.”


Im Rahmen seiner Laser Age-Kolummne stellt Keith Phipps auf The Dissolve drei Filme vergangener Dekaden vor, die alle auf ihre Art versuchten, den ausschließlichen Fokus auf eine menschliche Sicht der Dinge zu durchbrechen: „Yet a handful of science-fiction films took a different approach to human/animal relations, exploring what it might be like to fulfill the Dolittle-ian dream of talking to the animals—be it in the here and now, a post-apocalyptic future, or on the cusp of some tremendous planet-wide transformation. Perhaps there were stories to tell other than those in which mutated creatures trampled major cities. […]Yet even without it, Phase IV remains a flawed stunner, one that, like Day Of The Dolphin and A Boy And His Dog, offered a vision of the universe without humanity at its center. All three films look to the animals with whom we share the planet, and find in the familiar a glimpse at the great unknown.”


Nochmal The Dissolve, dismal mit einem Beitrag von Matthew Dessem, der uns die Geschichte von The Thief and the Cobbler näher bringt, dem animierten Meisterwerk, dass niemals wirklich lebte: „The Thief And The Cobbler should have been the capstone achievement of one of Great Britain’s finest animators. It was the last great hand-drawn animated film, and the final film of many of the greatest animators of the golden age: men whose careers stretched back to Fantasia and Betty Boop. As it went through iteration after iteration over its three decades of development (by my count, it had 10 different working titles over the years, some repeated), it served as a palimpsest and training ground for a new generation of animators. By the time a butchered version of the film finally limped into theaters, it was famous mostly as a financial and artistic debacle. In the years since, it’s become legendary.“

Mir war die Zoophilie-Doku Zoo viel zu wenig diskursfreudig und in letzter Konsequenz darum zu leer, aber Schlombie von Schlombies Filmbesprechungen konnte mehr Gefallen an dem Werk finden, auch wenn auch er die offensichtlichen Stolpersteine nicht leugnen kann: „Zoo“ kommt mir jedoch eine Spur zu romantisierend daher. Klar, man möchte Täter und Zeugen frei sprechen lassen, eine Position der Verurteilung oder der Verharmlosung nehmen die Filmschaffenden nicht ein. Ihre Interviewpartner, die mal durch Schauspieler ersetzt werden, manches mal aber auch sie selbst sind, idealisieren in den Interviews ihren Zustand aber sehr wohl. Lügen tun sie sicherlich nicht, aber sie verharmlosen meiner Meinung nach, gibt es doch einfach Themengebiete zum Gesamtbild Sodomie, die schlichtweg übergangen werden. Und scheinbar hatte Devor nicht vor bei solchen Lücken nachzubohren. Er hätte seine Interviewpartner auch frei sprechen lassen können und zu einem späteren Zeitpunkt womöglich entlarvende Fragen zu ausgelassenen Themengebieten stellen können. Der Authentizität der Sichtweise eines Betroffenen hätte das nicht geschadet. Es hätte das Thema lediglich erweitert.“


Selbsterklärend.


Laura Nagel hat für den WDR alle relevanten Informationen und eine Bildstrecke gesammelt, mit denen wir uns über den ISS-Besuch von Alexander Gerst und unser aller Lieblingsmaus informieren können.

Eigentlich wollte ich an dieser Stelle auch Lenas schönen Text zu den X-Men bei To The Lighthouse mit Zitat anführen, aber der Server scheint gerade nicht erreichbar zu sein. Klickt mal hier, vielleicht ist er inzwischen wieder da.


TWEET DES TAGES




VIDEO DES TAGES




KURZFILM DES TAGES


Blinky™ from Ruairi Robinson on Vimeo.