Spartensender haben per Definition weniger Zuschauer als die
„großen“ Sender. Und während diese auf Quotendruck (egal ob real oder selbst
inszeniert) hin ein möglichst breites Publikum ansprechen müssen (was dem
Programm nicht immer zuträglich ist – aber das ist eine ganz andere
Geschichte), können Spartensender viel mehr „auf den Putz hauen“. Manchmal
erlangen die dort ausgestrahlten Formate eine breitere Öffentlichkeit, weil sie
einen Diskurs lostreten (man erinnere sich an die Diskussionen um Popetown auf MTV, die dem Sender
ungewöhnlich hohe Quoten bescherte), manchmal werden die Protagonisten aus den
kleinen televisionären Versuchslaboren gar vom „Mainstream“ eingekauft (Joko
& Klaas). Und manchmal sind die Ergebnisse, die im Schutze der
kleinflächigen Verbreitung entstehen, irgendwann nur noch einer eingeschworenen
Fangemeinde bekannt, so wie die heutige vergessene Medienperle: die
Off-Puppenshow Zwobot.
Zwobot war nicht
nur der Titel der Sendung, sondern auch der Name des Moderators: dem
Mikrofonschoner Zwobot, einem miesgelaunten Kerlchen mit Bassstimme. Am
14.01.2000 und danach immer Freitag abend lief die erste Folge auf dem zusammen
mit Zwobot eingestellten Sender VIVA
2, der sich als „alternativer Musiksender“ begriff. Was man darunter im Kontext
dieser Sendung zu verstehen hatte, dazu später mehr.
Neben Zwobot, der die Rahmenhandlung darstellte, gab es noch diverse andere
Serien und Konzepte, denen allesamt gemein war, dass sie mit einem minimalen
Aufwand produziert wurden. Eine alte Socke wurde zu Wah Wah Binx, sein Partner
Kroko in der Reimen-und-Kotzen-Serie
Kroko,
übergeben Sie! eine aus dem Kasperletheater bekannte Handpuppe. Das gleiche
galt für den Protagonisten aus
Schießen
Sie auf den Pianisten vom Planet der Affen. Ein deprimiertes
Schaumstoffmännchen unterhielt sich mit seinem sarkastischen Tagebuch in
Seattle Jörg.
Kraku und Net Net waren zwei weitere billige Handpuppen, deren
Dialoge nie zu verstehen waren. Im
Mediapark
brachten zwei Schaumstoffwesen dem Zuschauer die tieferen Bedeutungen des
Lebens nahe („Mann. Frau und die Kokosnuß.“) Und
Mr. Explosion jagte Clips aus Filmen und TV-Serien in die Luft.
Hinzu kamen frühere Formate wie
Prinzessin
Nichtgesicht und die Nachfolgereihe
Die
schwarze Hütte, geradezu kafkaeske Fieberträume im Puppenformat.
Das geschätzte Budget für eine Folge mag 20 € für die
Verpflegung der Puppenspieler betragen haben, wenn sie sich keine Butterbrote
von zuhause mitgebracht haben. Zwobot
war keine Low-Budget-Sendung, es war eher No-Budget. Und nicht nur, dass man
der Sendung diesen Umstand ansah, er wurde zunehmend Teil des Konzepts. Zwobot war eine sehr selbstreflexive
Serie, die Figuren wussten um ihren eigenen Trashfaktor und so wurde das
Projekt auch nie ambitionierter, als es sein musste. Es war nie mehr als Nerds
mit Puppen, die ihren Geschöpfen aber manch klugen Kommentar in die fusseligen
Münder legten. In erster Linie war Zwobot
Trash um des Trashs willen, oftmals völlig sinnlos, völlig durchgeknallt,
wie das abgefilmte Ergebnis einer durchzechten Nacht. Jeder, der schon einmal
mit den „brillanten Ideen“ eines Betrunkenen konfrontiert war, weiß, wie Dinge
entstehen, die in Zwobot gezeigt
wurden. Der Unterschied: die Macher waren nüchtern (das unterstelle ich einfach
mal) und bringen all den Klamauk trotzdem ungefiltert auf Band. Zwobot war sich für nichts zu schade und
gerade in der völligen Verweigerung irgendeiner Relevanz (auch wenn man dies in
einigen Folgen diskutieren kann) oder eines konsensfähigen Ästhetik- und
Humorempfindens liegt die große Kraft dieser Sendung. Sie existierte nur aus
sich selbst heraus und versuchte gar nicht erst, das Fernsehen „auf eine neue
Stufe“ zu heben. Das aufwendigste in der gesamten Laufzeit war der an Herr der Ringe-angelegte Vorspann Die Zwobot Show ist toll.
Das Konzept der Trash- und Nerdliebe setzte sich auch in den
zwischen den „Sketchen“ eingespielten Musikvideos fort. Meistens gab es ein
Retrovideo aus den 80ern und früher 90ern (z.B. Smalltown Boy von Bronski
Beat), ansonsten Videos und Songs, die es im regulären Programm eines
Musiksenders eher schwer gehabt hätten. Zwobot
war somit auch ein Reservat für Off-Musik und Off-Videos. Hier zwei Beispiele,
das erste passenderweise auch aus der Zwobot-Show
aufgezeichnet. Ich vermute, es war das erste und einzige Mal, dass dieses Video
im Programm zu sehen war.
Am 14.12.2001 lief die letze reguläre Zwobot-Sendung über
den Äther. Zwobot verabschiedete sich und als Dreingabe gab es ein
melancholisches Abschiedsvideo der Zwobot Allstars.
Das allerletzte Mal Zwobot
on air gab es am 28.12.2001 mit 24 Stunden Best
Of aus der anarchistischen Puppensendung. Es dürfte kein Zufall sein, dass
kurz vor dem Schluss Monty Python Alwayd
look on the bright side of life sang. Zum einen als Gruß an die Fans im
Sinne von „Kopf hoch“, zum anderen als Beweis dafür, dass Nonsens immer seinen
Platz finden wird. Am 07.01.2002 stellte auch VIVA 2 endgültig den Sendebetrieb
ein. Damit verschwand auch Zwobot von
den Bildschirmen, aber die vergleichsweise zahlreich im Internet zu findenden
Clips (viele mit dem Charme einer digitalisierten Videoaufnahme) beweisen, dass
der tollste Mikrofonschoner des deutschen Fernsehens nicht komplett vergessen
ist, außer vielleicht vom TV-Mainstream. Aber da gehörte Zwobot sowieso nie hin.