Donnerstag, 28. November 2013

The Bear & The Hare

Es geht mit großen Schritten auf Weihnachten zu, das dürfte niemandem entgangen sein. Und da am Sonntag der erste Advent ist, möchte ich euch dieses VIMEO-Fundstück nicht vorenthalten. Dies ist ein perfektes Beispiel für gelungene Werbung, dafür, dass handgezeichnete Animation nicht tot ist und für was weiß ich alles noch. Vor allem ist es auch eine technische Meisterleistung, die mich zutiefst fasziniert. Die Macher waren auch so freundlich, die aufkommenden Fragen in einem Making-Of zu beantworten, dass ihr unter dem eigentlichen Film findet.

Habt eine schöne Vorweihnachtszeit!



John Lewis - The Bear & The Hare from Blink on Vimeo.



John Lewis 'The Bear & The Hare' - The Making Of from Blink on Vimeo.

Montag, 19. August 2013

Media Monday #112


Diesen schönen Montag werde ich zum ersten Mal am Media Monday teilnehmen. Wer diese Blogger-Aktion nicht kennt, der kann sich hier darüber hinformieren. Allen anderen viel Spaß mit meinen Antworten und vergesst nicht, die Ergebnisse der anderen Teilnehmer auch eines Blickes zu würdigen.

Media Monday #112

1. Ich erinnere mich noch, wie ich als Kind (6 Jahre) den Film Duck Tales - Der Film: Jäger der verlorenen Lampe sah und daran, dass mich die Tatsache, dass meine TV-Helden in so etwas wie einem Kino (ich kannte diese Institution vorher nicht) auf der großen Leinwand zu sehen waren mich tief beeindruckt hat.

2. Das hatte nicht nur zur Folge, dass ich zum Kinofan wurde, sondern auch, dass ich eine ganze Zeit in kindlicher Naivität nicht verstehen konnte, wie Menschen sich etwas anderes als Zeichentrickfilme im Kino ansehen konnten.

3. In den darauffolgenden Jahren sah ich jeden Disney-Trickfilm, egal ob neu oder wiederaufgeführt, dank meiner geduldigen Eltern im Lichtspielhaus, inklusive diverser Non-Disney-Filme. Mein erster Realfilm war, soweit ich mich erinnere, Caspar.

4. Deshalb habe ich noch heute eine große Affinität zu Animationsfilmen aller Art und habe auch meinen Bachelor-Abschluss auf diesem Gebiet gemacht.

5. Duck Tales - Der Film wird immer eines der prägendsten Filmerlebnisse für mich bleiben. Danke, Entenhausen.

Donnerstag, 1. August 2013

Vergessene Medienperlen: Zwobot


Spartensender haben per Definition weniger Zuschauer als die „großen“ Sender. Und während diese auf Quotendruck (egal ob real oder selbst inszeniert) hin ein möglichst breites Publikum ansprechen müssen (was dem Programm nicht immer zuträglich ist – aber das ist eine ganz andere Geschichte), können Spartensender viel mehr „auf den Putz hauen“. Manchmal erlangen die dort ausgestrahlten Formate eine breitere Öffentlichkeit, weil sie einen Diskurs lostreten (man erinnere sich an die Diskussionen um Popetown auf MTV, die dem Sender ungewöhnlich hohe Quoten bescherte), manchmal werden die Protagonisten aus den kleinen televisionären Versuchslaboren gar vom „Mainstream“ eingekauft (Joko & Klaas). Und manchmal sind die Ergebnisse, die im Schutze der kleinflächigen Verbreitung entstehen, irgendwann nur noch einer eingeschworenen Fangemeinde bekannt, so wie die heutige vergessene Medienperle: die Off-Puppenshow Zwobot.

Zwobot war nicht nur der Titel der Sendung, sondern auch der Name des Moderators: dem Mikrofonschoner Zwobot, einem miesgelaunten Kerlchen mit Bassstimme. Am 14.01.2000 und danach immer Freitag abend lief die erste Folge auf dem zusammen mit Zwobot eingestellten Sender VIVA 2, der sich als „alternativer Musiksender“ begriff. Was man darunter im Kontext dieser Sendung zu verstehen hatte, dazu später mehr.

  (Bildquelle: die hervorragende Fanseite Zwobots Geist)

Neben Zwobot, der die Rahmenhandlung darstellte, gab es noch diverse andere Serien und Konzepte, denen allesamt gemein war, dass sie mit einem minimalen Aufwand produziert wurden. Eine alte Socke wurde zu Wah Wah Binx, sein Partner Kroko in der Reimen-und-Kotzen-Serie Kroko, übergeben Sie! eine aus dem Kasperletheater bekannte Handpuppe. Das gleiche galt für den Protagonisten aus Schießen Sie auf den Pianisten vom Planet der Affen. Ein deprimiertes Schaumstoffmännchen unterhielt sich mit seinem sarkastischen Tagebuch in Seattle Jörg. Kraku und Net Net waren zwei weitere billige Handpuppen, deren Dialoge nie zu verstehen waren. Im Mediapark brachten zwei Schaumstoffwesen dem Zuschauer die tieferen Bedeutungen des Lebens nahe („Mann. Frau und die Kokosnuß.“) Und Mr. Explosion jagte Clips aus Filmen und TV-Serien in die Luft. Hinzu kamen frühere Formate wie Prinzessin Nichtgesicht und die Nachfolgereihe Die schwarze Hütte, geradezu kafkaeske Fieberträume im Puppenformat.








Das geschätzte Budget für eine Folge mag 20 € für die Verpflegung der Puppenspieler betragen haben, wenn sie sich keine Butterbrote von zuhause mitgebracht haben. Zwobot war keine Low-Budget-Sendung, es war eher No-Budget. Und nicht nur, dass man der Sendung diesen Umstand ansah, er wurde zunehmend Teil des Konzepts. Zwobot war eine sehr selbstreflexive Serie, die Figuren wussten um ihren eigenen Trashfaktor und so wurde das Projekt auch nie ambitionierter, als es sein musste. Es war nie mehr als Nerds mit Puppen, die ihren Geschöpfen aber manch klugen Kommentar in die fusseligen Münder legten. In erster Linie war Zwobot Trash um des Trashs willen, oftmals völlig sinnlos, völlig durchgeknallt, wie das abgefilmte Ergebnis einer durchzechten Nacht. Jeder, der schon einmal mit den „brillanten Ideen“ eines Betrunkenen konfrontiert war, weiß, wie Dinge entstehen, die in Zwobot gezeigt wurden. Der Unterschied: die Macher waren nüchtern (das unterstelle ich einfach mal) und bringen all den Klamauk trotzdem ungefiltert auf Band. Zwobot war sich für nichts zu schade und gerade in der völligen Verweigerung irgendeiner Relevanz (auch wenn man dies in einigen Folgen diskutieren kann) oder eines konsensfähigen Ästhetik- und Humorempfindens liegt die große Kraft dieser Sendung. Sie existierte nur aus sich selbst heraus und versuchte gar nicht erst, das Fernsehen „auf eine neue Stufe“ zu heben. Das aufwendigste in der gesamten Laufzeit war der an Herr der Ringe-angelegte Vorspann Die Zwobot Show ist toll.



Das Konzept der Trash- und Nerdliebe setzte sich auch in den zwischen den „Sketchen“ eingespielten Musikvideos fort. Meistens gab es ein Retrovideo aus den 80ern und früher 90ern (z.B. Smalltown Boy von Bronski Beat), ansonsten Videos und Songs, die es im regulären Programm eines Musiksenders eher schwer gehabt hätten. Zwobot war somit auch ein Reservat für Off-Musik und Off-Videos. Hier zwei Beispiele, das erste passenderweise auch aus der Zwobot-Show aufgezeichnet. Ich vermute, es war das erste und einzige Mal, dass dieses Video im Programm zu sehen war.





Am 14.12.2001 lief die letze reguläre Zwobot-Sendung über den Äther. Zwobot verabschiedete sich und als Dreingabe gab es ein melancholisches Abschiedsvideo der Zwobot Allstars.


Das allerletzte Mal Zwobot on air gab es am 28.12.2001 mit 24 Stunden Best Of aus der anarchistischen Puppensendung. Es dürfte kein Zufall sein, dass kurz vor dem Schluss Monty Python Alwayd look on the bright side of life sang. Zum einen als Gruß an die Fans im Sinne von „Kopf hoch“, zum anderen als Beweis dafür, dass Nonsens immer seinen Platz finden wird. Am 07.01.2002 stellte auch VIVA 2 endgültig den Sendebetrieb ein. Damit verschwand auch Zwobot von den Bildschirmen, aber die vergleichsweise zahlreich im Internet zu findenden Clips (viele mit dem Charme einer digitalisierten Videoaufnahme) beweisen, dass der tollste Mikrofonschoner des deutschen Fernsehens nicht komplett vergessen ist, außer vielleicht vom TV-Mainstream. Aber da gehörte Zwobot sowieso nie hin.

Montag, 8. Juli 2013

FH Bielefeld: Werkschau 2013


An seine Alma Mater zurückzukehren ist immer schön, auch wenn das eigene Studium noch gar nicht lange her ist. Umso schöner ist es, wenn man dort im Rahmen der aktuellen Werkschau ein paar gelungene Arbeiten zu sehen bekommt. Meine persönlichen Highlights möchte ich euch an dieser Stelle nicht vorenthalten.

Das Animationsprojekt Ministerium für Alles von Florian Daldrup und Sergej Grabinski ist ein schönes Beispiel für Anwendbarkeit und künstlerischem Anspruch. Der Film ist witzig und kurzweilig und dabei auch als Material zur politischen Bildung geeignet, was nicht nur explizit so gewünscht, sondern durch die Webseite noch unterstützt wird. Wer noch mehr mehr Zeit mit den Charakteren verbringen will, der findet unter den Infografiken noch genug Material, dass über den Hauptfilm hinausgeht und das Projekt sinnvoll abrundet. Auch die Präsentation in der FH war ansprechend und erfüllte ihren Zweck sehr gut. Das Audimax im Keller ist ja immer so eine Sache…



Ansprache der Kanzlerin: Demokratische Rechte und Pflichten from Ministerium für Alles on Vimeo.

Ebenso anwendbar und nur überschattet von der humorlosen Reaktion der Aktion Mensch ist Erik Machens Projekt Der behinderte Witz – Aktion Sorgenkrüppel (bzw. inzwischen Reaktion Sorgenkrüppel, weil die Aktion Mensch die Verwendung ihres Schriftzugs, trotz angeblichen Gutheißens des Projekts als solchem, verboten hat). Mit den schwarzhumorigen Plakaten (mein Favorit ist Seriously disabled) soll ein Dialog, zu mindestens aber ein Nachdenken über den Umgang mit sogenannten Behinderten entstehen, hinaus aus der Mitleidsecke hinein in einen unverkrampften Umgang wie er im Zeichen der wirklich ernstgemeinten Inklusion eigentlich längst normal sein sollte. Aber was ist schon normal…?!

Foto:  Maxi Krähling/FH Bielefeld
„Abschlussarbeiten sind Experimente“

Der Schläfer Jahrhunderttod – Eine Dokumentation über Blindgänger von Annina Hannas wurde ebenfalls sehr ansprechend präsentiert und gerne hätte ich euch zumindest das Plakat gezeigt, dass mir sehr gut gefällt, aber auf ihrer Homepage hat sich wohl ein Bug eingenistet, auf jeden Fall wird es nur angekündigt, aber zu sehen ist es nicht. Na ja, aber so wie ich das sehe wird der Film auch bald – zumindest in Auszügen – auf Vimeo zu sehen sein. Ich bleibe auf jeden Fall dran.

Auch vom Casebook: Whitechapel von Christina Falke gibt es im Netz bisher nichts zu sehen, aber ich möchte diese Arbeit, die auch vom Zuschauer etwas Arbeit in Form des sich-erschließen fordert, ihn aber auch dafür belohnt, nicht unerwähnt lassen. Wenn ihre Homepage überabeitet wurde, werden wir bestimmt auch dazu mehr Infos bekommen. Auf jeden Fall habe ich beim Verlassen die Musik vom Jack the Ripper-Musical in den Ohren gehabt... :-)

Fernerhin gut gefallen haben mir die Arbeiten von Jan Müller, Vanessa Schulz (einmal Eule und Hase & Igel, bitte), die drei ???-Illus von Vitalli Peters, die detailverliebten dreidimensionalen Illustrationen von Sina Tacke, die informative Arbeit Odditorium von Kathrin Potschka und die Anziehend-Zeichnungen von Dominik Plaßmann.
Und da ich zur letzten Werkschau nichts geschrieben habe und ich so eine wirklich hervorragende Arbeit nicht gewürdigt habe, hole ich das hier nach: Karen Cuthberts Wolffstrunk. Ich weiß, es ist blöd, im Nachhinein so etwas zu sagen, aber ich tue es einfach trotzdem: wer die Arbeit und die damit verbundene Ausstellung nicht gesehen hat, hat wirklich etwas verpasst. Und ich glaube nicht, dass es dort das letzte Mal war, dass wir diesen spezifischen Wolf gesehen haben… ;-)

Mittwoch, 8. Mai 2013

Ray Rules!






In meinem Abschlussfilm Der Schrottplatz habe ich an der Wand, die vom Postboten zu Beginn passiert wird, einen Insidergag versteckt. Auf der Wand steht „Ray Rules!“ geschrieben. Die nicht-Stop-Motion-affinen Zuschauer werden es wohl nicht bemerken, aber vielleicht hat es der ein oder andere aus dem anderen Lager verstanden: dies war eine kleine Hommage an Ray Harryhausen, jenem Stop-Motion-Genie, dessen Werk A Century of Stop Motion Animation mir bei der Arbeit an meinem Film half und dessen Arbeit auch heute noch zu den beeindruckensten Dingen gehört, die man im Film sehen kann. Wer erinnert sich beispielsweise nicht an den ikonenhaften Kampf zwischen Mensch und Skelett in Jason und die Argonauten? Oder die sinistre Erscheinung der Medusa in Kampf der Titanen? Und wie leb- und lieblos wirkte das Remake von letzterem Film gegenüber dem Original von 1981.







Das einzige, dass man Harryhausen vorwerfen könnte: er war zu gut. Hand aufs Herz: wer interessierte sich in den Filmen, an denen er mitwirkte, denn wirklich für die menschlichen Protagonisten? Natürlich, sie mussten gegen Rays Monster kämpfen und als Sieger hervorgehen, aber unsere Sympathie lag immer bei den Kreaturen.

Mit Ray Harryhausen hat die Welt eine weitere große Figur verloren. Man könnte sagen, 92 ist auch kein Alter für jemanden, der derartig zeitlose Dinge auf die Leinwand zauberte. 
Danke für die Wunder, Ray, und danke für die endlose Inspiration, die du mir und vielen, vielen anderen Creature Feature-Fans gegeben hast. „I'll take clay skeletons over Jar-Jar any day“, schreibt eine Kommentatorin unter den Nachruf bei IMDB. Mehr muss kaum gesagt werden.

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Nachruf auf Inside Movies

Donnerstag, 2. Mai 2013

Vergessene Medienperlen: Alien Nation



Alien Nation könnte man auch „Das Konzept, dass nicht sterben wollte“ nennen. Angefangen hat alles 1988 mit einem Kinofilm, der in Deutschland unter dem zeitlosen Titel Spacecop L.A. 1991 veröffentlicht wurde.
Die Prämisse ist großartig: ein Raumschiff mit 250.000 Außerirdischen strandet auf der Erde und ist danach funktionsuntüchtig. Die Aliens sind keine unförmigen Schleimwesen, sondern äußerlich recht menschenähnlich und werden in die irdische (sprich: US-amerikanische) Gesellschaft eingegliedert. Doch das Zusammenleben zwischen Menschen und den Tenctonen, den sogenannten Newcomern, gestaltet sich oftmals als nicht wirklich frei von Vorurteilen.



So weit, so gut. Dumm nur, dass der Film lieber auf der hard boiled Actionwelle der 1980er Jahre mitsurfen wollte und aus der Ausgangssituation sehr wenig machte. Als Beweisstück A lege ich mal den originalen Trailer vor. RoboCop und Co. lassen grüßen.



So fiel der Film dann auch bei der Kritik durch. Momentan hält er 56% auf Rottentomatoes und die Zusammenfassung bringt es ganz gut auf den Punkt:
„Alien Nation takes the interesting premise of extraterrestrials living among us and doesn't do enough with it, emphasizing a police procedural plotline over the more intriguing sci-fi elements.“[1]

Nun könnte das Kapitel Alien Nation ganz schnell wieder geschlossen werden, wenn nicht irgendjemand das Potenzial der zugrundeliegenden Idee erkannt hätte. Kenneth Johnson, der bereits den unglaublichen Hulk und V – Die außerirdischen Besucher kommen auf die Fernsehbildschirme gebracht hatte, wurde angefragt und so entwickelte er Alien Nation – Die Serie, die 1989 in den USA auf Sendung ging.
Da das Geld beim Fernsehen nicht so üppig vorhanden ist wie bei prestigeträchtigen Kinofilmen waren aufwendige Actionplots von vornherein passé (der einzige Versuch in diese Richtung, Folge 5, The Takeover, ist dann auch einer der Tiefpunkte der Serie) und man konnte sich eher auf den sozialen Aspekt konzentrieren und natürlich auf die wachsende Freundschaft zwischen dem menschlichen Polizisten Matthew Sikes und seinem Newcomer-Partner George Francisco. Und siehe da, das Unterfangen wurde ein Erfolg. Alien Nation macht beinahe sofort süchtig nach mehr, was neben den hervorragenden Darstellern vor allem den großartigen Drehbüchern geschuldet ist. Beispielsweise gibt es gleich im Pilotfilm eine Szene, die das immer wieder zu lösende Dilemma gut illustriert. Dazu sollte man noch wissen, dass die Tenctonen als Sklaven gezüchtet wurden und auf der Erde erstmals Bürgerrechte bekommen. Und Menschen wären nicht Menschen, wenn sich nicht auch eine rechte Opposition, hier „Puristen“ geannt, formieren würde.


Wer nun meint, Alien Nation würde ein einseitiges Bild vom guten Alien und bösem Menschen zeichnen, sieht sich getäuscht. Nicht nur sehen wir menschliche „Puristen“ jeglicher Ethnie in der Serie, auch auf der tenctonischen Seite gibt es Ablehnung, Hass und Bigotterie. Alien Nation erlaubt sich, differenziert zu sein und wahrscheinlich ist es gerade dieses Element, das die Serie so interessant macht. Neben den unterhaltsamen Kriminalfällen lernen wir fast jedes Mal nicht nur etwas über die außerirdische Gesellschaft, sondern auch über den Status unserer eigenen. 

So schenkte FOX der Welt 22 meistens großartige Folgen einer wahrlich ungewöhnlichen Serie, die mit den Bildern einer Alien-Geburt ein kleines bisschen Fernsehgeschichte geschrieben hat – schon allein durch die Tatsache, dass ein männlich kodifizierter Newcomer, unser Protagonist George, das Baby zur Welt bringt. Ein Fest für jeden Gender Studies-Interessierten.


Schließlich leistete man sich etwas, dass in jenen Fernsehtagen nicht Gang und Gebe war: einen Cliffhanger. Die letzte Episode der ersten Staffel machte unglaublich viele Fässer auf, am Ende stand das Überleben der gesamten Spezies der Newcomer auf dem Spiel.



Und dann kam die Absetzung.

Trotz guter Quoten konnte und wollte FOX die Serie aus finanziellen Gründen nicht weiterführen und trug so eins der besten SF-TV-Konzepte aller Zeiten zu Grabe. Doch man hatte nicht mit den Fans gerechnet, die ihre Serie verständlicherweise liebten und zumindest um eine Auflösung des Cliffhangers baten. Dies geschah in Form von Romanen und Comics, bis man vier Jahre nach der letzten Episode und einem Managementwechsel bei FOX Sikes und Francisco samt Familie wieder auf dem Bildschirm bewundern konnte: der TV-Film Dark Horizon wurde ausgestrahlt. Die wichtigsten (nicht alle) losen Enden aus der Serie wurden zu Ende gebracht und die gesamte Besetzung war wieder in ihren angestammten Rollen zu sehen. Irritierend war nur, dass Lauren Woodland, die Georges Tochter Emily spielt, in der Zeit zwischen 1990 und 1994 natürlich erheblich gewachsen war…

Sieht man den ersten TV-Film zeitnah nach dem Genuss der Serie halten sich Enttäuschung und Freude die Waage. Letzteres, weil man überhaupt wieder in die Welt der Tenctonen zurückkehren kann, Ersteres weil Dark Horizons im Vergleich zur Serie deutlich abfällt. Man spürt, dass der Plot, der hier in 90 Minuten durchgespielt wird, in Wirklichkeit für mindestens eine halbe Staffel Stoff geboten hätte. Dementsprechend schnell ist manches zu Ende, während anderes gar nicht erst wieder aufgenommen wird (Bucks Liebe zu einer Menschenfrau beispielsweise). Und wieder andere Elemente verschwinden einfach – Georges zweite Tochter Vessna wird zunehmend in den Hintergrund und schließlich ganz heraus geschrieben. 

Nach Dark Horizons folgten vier weitere TV-Filme recht unterschiedlicher Qualität: Body and Soul, Millenium, The Enemy Within und The Udara-Legacy. Es gab altbackende Horrorplots, sinnvolle Fortsetzungen von Serien-Prämissen und neue Charakteraspekte zu begutachten. Die großartige Terri Treas war während der Dreharbeiten vor allem zum letzten Film hochschwanger und wurde überdeutlich im Hintergrund gehalten und so konnte die Beziehung zwischen ihrer Figur und Sikes nicht zufriedenstellend zu Ende gebracht werden, über Vessna habe ich bereits geschrieben und Bucks soziale Entwicklung schien in den Filmen wieder rückwärts zu laufen. Trotzdem hat es etwas bittersüßes, The Udara-Legacy zu sehen, denn damit endete 1997 die Odyssee von Alien Nation endgültig. Man wird das Gefühl nicht los, dass dem Konzept als TV-Serie besser gedient gewesen wäre als durch die Filme, aber dies gehört zu den Dingen, über die man nur spekulieren kann.



Alien Nation wurde in Deutschland ab Januar 1991 auf SAT.1 um 23 Uhr im Programm versteckt und bis heute nur einmal im Free-TV 1996 auf KABEL EINS wiederholt.[2] Die TV-Filme gibt es in deutscher Synchro noch gebraucht auf VHS zu bekommen, The Udara Legacy sogar auf DVD; der Kinofilm wurde gerade sogar neu für den DVD-Markt aufgelegt. Für die Serie muss man auf die US-Veröffentlichung zurückgreifen, was in meinen Augen nicht schlimm ist, weil man so die miese Synchronisation umgeht. Auch die TV-Filme gibt es als schön anzusehende Gesamtbox (mir hat Ebay hier sehr weitergeholfen).  

Alien Nation ist also verfügbar, aber kaum gesehen, zumindest in Deutschland. Eine Schande, denn nochmals: diese Serie gehört zum Besten, was die TV-Science-fiction je hervorgebracht hat. Vielleicht bekommt der ein oder andere dank dieses Vergessene Medienperlen-Auftakts Lust, sie für sich (neu) zu entdecken. Wünschenswert wäre es, denn auch über zwanzig Jahre nach seiner „Geburt“ hat das Konzept nichts an Aktualität eingebüßt. Alien Nation sagt heute noch genauso viel Wahres über unsere Gesellschaft aus wie 1989. Ob dies traurig oder interessant ist, steht natürlich auf einem anderen Blatt.